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Shila Ochsner

Vom Bütschgi in die Glühbirne

Es war einmal ein köstlicher Apfel auf dem Tablett eines Patienten in einer Klinik. Der Apfel soll ihn mit Vitaminen und Energie versetzen. Doch nach ein paar Bissen wandert das Bütschgi mit den restlichen Speiseresten zurück in die Küche. Seine Reise beginnt hier aber erst. Ich erzähle, wie aus diesem Abfallprodukt noch mehr Energie gewonnen werden kann.

Titelbild
PROJEKTINFOS
Semester (Modul):
1. Modul
Fachbereich:
Content Creation & Online Marketing
Mitwirkende:
In Zusammenarbeit mit:
Meiko Green Waste Solutions AG, Recycling Energie AG und Klinik Barmelweid.

70 Zentimeter tief, 70 Zentimeter breit und 90 Zentimeter hoch, das sind die Modelmasse des Biomaster 4 Highline. Das Schmuckstück von Meiko Green Waste Solutions AG. Denn dieses Gerät macht aus Speiseresten und Rüstabfällen eine Masse, die dafür verwendet wird, um Strom daraus zu generieren. Klingt nach einem Wunder und genau diesem widme ich mich in dieser Projektarbeit.

Foodwaste – was nun?

«Aufessen, sonst gibt es morgen schlechtes Wetter!» Wer kennt diesen Spruch nicht? Doch leider gibt es in der Schweiz trotzdem jährlich ungefähr 2.5 Millionen Tonnen an Lebensmittel, die verschwendet werden. Das entspricht einem jährlichen Verbrauch von circa 330 kg pro Person. Das entspricht ungefähr dem Gewicht eines ausgewachsenen männlichen Schweines. Doch was können wir dagegen tun?

Teller mit Speiseresten

Meiko Green Waste Solutions AG, früher Biotrans AG, brachte dafür eine maschinelle Lösung auf den Markt. Bestehend aus einem Biomaster, der Speisereste aus Grossküchen nachhaltig verwertet. Die Idee hinter dieser Zaubermaschine entstand und reifte 2012 durch die Einführung eines Gesetzes, welches das Verfüttern von Speiseresten an Tiere verbietet. Meiko Green Waste Solutions AG zählt heute nach über 10 Jahren Erfahrung schweizweit eine Kundschaft von rund 300 Standorten mit circa 350 Biomaster.

Biomaster – Meister des Entwertens

Eine Anschaffung für Grossküchen lohnt sich, wenn sie über 300 Essen am Tag servieren. Die abgebildete Highline-Ausführung ist ein Upgrade des Standart-Models Biomasters 4 plus. Der Biomaster 4 Highline kann von Kunden und Kundinnen individuell programmiert werden, damit auch spezielle Speisereste, wie Kaffeesatz oder Reis, die im Gegensatz zu unserem Bütschgi viel Wasser aufsaugen einfach verwertet werden können. Die Schlauchdusche ist ein zusätzliches Upgrade zur einfacheren Reinigung des Geräts. Für kleinere Restaurants und Küchen gibt es eine Slim-Version des Biomasters, welche sich ab 200 Essen am Taglohnen kann und, wie der Name verrät, auch weniger Platz einnimmt. Bei guter Bedienung und regelmässigen Wartungen können diese Biomaster bis zu 15 Jahren Mitarbeitende der Küche unterstützen. Durch ein individuell geplantes Rohrleitungssystem gelangt die Masse in den Sammelbehälter. Die Entleerung erfolgt durch die Absaugleitung, bei welcher ab einer Länge von mehr als 50 Meter eine unterstützende Pumpe empfohlen wird. Es gibt rechteckige und runde Tanks, welche von2’000 bis 16’000 Liter Biomasse fassen können. Verkaufsleiter Marcel Früh erklärt auch, dass das grösste Problem der Platz für den Tank im Unternehmen ist. Daher wird der dieser oft auch erst vor Ort zusammengebaut. Dafür hat ein solcher Tank eine Lebensdauer von über 20 Jahren.

Biomaster
INFOBOX
Die Anschaffung einer solchen Anlage kann von 3 Monaten bis zu 2 Jahre dauern und kostet je nach Ausführung zwischen 20 und 50 Tausend Franken. Eine Anlage wird dabei immer je nach Bedarf und Platz individuell geplant und realisiert.

Vom Trichter in den Tank

Die Reise der Speisereste mit unserem Bütschgi geht weiter, beginnend mit der Homogenisierung. Das bedeutet, es wird ein einheitlicher Speisereste-Smoothie daraus gemixt. Zuerst wird der Trichter des Geräts mit jeglichen Speiseresten und Rüstabfällen gefüllt. Danach wird der Deckel geschlossen und mit dem Startknopf wird der Zyklus gestartet. Das Mahlwerk am Trichterboden und der sichtbare Vorzerkleinerer, auch liebevoll Tannenbaum genannt, setzen ein und beginnen damit, die Abfälle zu zerkleinern. Nach einigen Sekunden wird dann nach und nach Prozesswasser dazugegeben, bis eine homogene Masse daraus entsteht. Sobald die ersten Stücke verflüssigt sind, wird mit der Pumpe des Biomasters die Masse, mit unserem Bütschgi, in den Tank gepumpt.

Sobald der Tank zu 80%gefüllt ist, sendet das Gerät eine Warnung, damit die Absaugung des Tanks organisiert werden kann. Dafür reicht ein Anruf bei Meiko, dem Hersteller oder direkt bei dem zuständigen Entsorgungsunternehmen. Im Durchschnittbraucht es ungefähr 8 Wochen, bis die Füllmenge des Tanks erreicht wird.

INFOBOX
Der Trichter fasst 35 bis 40 Liter Speisereste pro Durchlauf.
Während des Mixens werden 4.5 Liter Prozesswasser dazu gespritzt, dass daraus eine einheitliche Masse wird. Daher lohnt es sich den Trichter jeweils zu füllen um den Zyklus zu starten.

Klinik Barmelweid als Beispiel

Der Küche in der Klinik Barmelweid wurde vor 4 Jahren einen neuen Glanz verpasst. Durch diese Renovation wurde das Bedürfnis, die Klinik nachhaltiger werden zu lassennachgegangen und umgesetzt. Jürg Rebholz, Leiter der Hotellerie von Barmelweid, erzählt im Interview, dass ihm Meiko Green Waste Sollutions AG empfohlen wurde. Die Wahl fiel schlussendlich auf einen Biomaster 4 Highline. «Es ist das Beste, was es auf dem Marktgibt!» Sagt Rebholz. Die Anschaffung hat sich durchaus gelohnt. Für die Mitarbeitenden der Küche ist das neue Gerät eine Entlastung, weil die Geruchsemissionen, wie auch die körperliche Anstrengung der Abfallentsorgung enorm reduziert werden. Auch die Hygiene hat sich verbessert, denn früher wurde in der Küche mit den sogenannten grünen Schweinekübeln gearbeitet. Diese zogen im Sommer Fliegen und Käfer an und mussten in einem extra dafür eingerichteten Kühlraum gelagert werden. Heute muss nur noch ein Knopf betätigt werden. Rebholz bereut die Anschaffung bis heute nicht. Jedoch könnte die Wasserzufuhr seiner Meinung nach noch reduziert werden. Doch sonst schwärmt der Leiter der Hotellerie über das Gerät: «Es ist sehr praktisch, einfach in der Handhabung und Dank der regelmässigen Wartung, können gravierende Störungen verhindert werden.»

Abgesaugt und entsorgt

«Wir kommen, wenn das Lämpchen leuchtet», sagt Patrick Humbel, Projektleiter bei Recycling-Energie AG. Wenn der Tank einen Füllstand von 80% misst, leuchtet ein Lämpchen am Gerät, welches das Küchenpersonal darauf hinweist, eine Abholung der Biomasse zu organisieren. Dies ist kein grosser Aufwand, denn die Chauffeure kennen ihre zugeteilten Anlagenstandorte und können meistens selbständig die Biomasse absaugen.

Ein sogenannter Saugliner der Recycling-Energie kann 17 Kubik Biomasse absaugen. Da die Tanks der verschiedenen Standorte mit einem Biomastermeistweniger Volumen haben, werden die Abholungen zusammengelegt. So kann auch wieder CO2 eingespart werden. Im Jahr transportiert Recycling Energie rund 120’000 Tonnen Biomasse und verarbeiten 80’000 Tonnen in ihrer Biogasanlage in Nesselnbach AG. Diese ist die grösste Biogasanlage schweizweit.

INFOBOX
Biomasse wird erst zum Handelsgut, wenn die Lebensmittel und Speiseabfälle verflüssigt werden. 
Sauger

Wie wird nun aus dem Bütschgi Energie gewonnen?

Eine Biogasanlage ist eine Einrichtung, die Biomasse wie tierische Gülle, pflanzliche Abfälle oder eben Gastroabfälle mit unserem Bütschgi verwendet, um Strom zu erzeugen. Der Prozess beginnt mit der Zufuhr der Biomasse in einen Behälter, genannt Fermenter. Dort wird sie in einer sauerstofffreien Umgebung durch Mikroorganismen abgebaut, was zu einer Gärung führt. Damit Biogas entsteht, muss die Masse ständig gerührt werden zudem braucht sie eine konstante Temperatur und einen gleichbleibenden pH-Wert. Durch die feine Homogenisierung des Biomasters geht dies einfacher. Die Gärung erzeugt Biogas, das aus Methan, Kohlenstoffdioxid, Sauerstoff und Stickstoff besteht. Das Biogas wird gesammelt und in einem Blockheizkraftwerk verbrannt, was dazu führt, dass ein Generator angetrieben wird, um elektrischen Strom zu erzeugen. Der erzeugte Strom wird dann in das öffentliche Netz eingespeist oder vor Ort genutzt. Die Energie kann gespeichert werden und ist klimafreundlich, denn bei der Verbrennung der Biomasse entsteht kein zusätzliches CO2. Lediglich das CO2,welches bei der Photosynthese aufgenommen wurde, wird wieder freigesetzt.

INFOBOX
Die Gärung findet ohne Sauerstoff statt und wird deshalb auch anaerobe Vergärung genannt.

Im Behälter bleibt jeweils ein Gärrest zurück. Dieser eignet sich jedoch hervorragend als Dünger für die Landwirtschaft. Dieser Dünger nährt den neuen Apfelbaum und der natürliche Kreislauf schliesst sich. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Biogasanlagen eine nachhaltige Möglichkeit bieten, aus Biomasse Energie zu erzeugen.

Der Kreis schliesst sich

Der Kreislauf der Speiseresteentwertung ist ein nachhaltiger Prozess zur Wiederverwertung von organischen Abfällen aus Grossküchen von Restaurants, Spitäler und Kliniken. Die Speisereste durchlaufen verschiedene Schritte wie Zerkleinerung, Transport und Fermentation. Dadurch wird die organische Masse abgebaut und in wertvolle Produkte umgewandelt. Diese zeigen sich in Form von Biogas, das zur Strom-und Wärmegewinnung genutzt werden kann, sowie Kompost, der als natürlicher Dünger für die Landwirtschaft verwendet wird. Dieser Kreislauf trägt zur Reduzierung von Abfall bei und fördert eine nachhaltige Ressourcennutzung.

Speisereste-Kreislauf

Der Autor
Die Autorin

Shila, singt gerne laut, falsch aber mit Leidenschaft. Die Warmduscherin liebt feuchte Hundeküsse und Chicken Nuggets über alles und betrachtet sich selbst als eine der humorvollsten Personen die sie kennt. Seit März 23 studiert sie Cross Media an der SAE in Zürich.

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